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Ein mehrzelliger Schaltkreis aus genetisch veränderten Bakterien

Wissenschaftler der Rice University in Texas haben einen lebenden Schaltkreis aus verschiedenen Arten von Bakterien gebaut. Diese arbeiten zusammen und verändern gemeinsam die Proteinexpression.

Energie und Technologie (Symbolbild)
Bild: Christoph Ritz

Ziel der Forschungsarbeit ist es, kontrollieren zu können, wie verschiedene Bakterien sich gegenseitig beeinflussen, um damit ganze biologische Systeme zu verändern. So könnten beispielsweise Bakterien geschaffen werden, welche die gesamte Darmflora positiv verändern würden. „Im Menschlichen Verdauungssystem leben verschiedene Bakterienarten“, sagt Matthew Bennet, Forscher der Synthetischen Biologie an der Rice University. „Sie formen natürlicherweise eine grosse Gemeinschaft. Wenn wir nun Bakterien genetisch verändern, um sie dann im Verdauungssystem einzusetzen, sollten sie sich ebenfalls in diese Gemeinschaft eingliedern. Denn wenn sie mit anderen Bakterien zusammenarbeiten, ist ihre Wirkung grösser als wenn sie isoliert funktionieren.“

In ihrer Machbarkeitsstudie haben Bennet und sein Team mit Hilfe der Synthetischen Biologie zwei Bakterienstämme geschaffen, welche die Produktion von interzellulären Botenstoffen regulieren. Diese Botenstoffe wirken zwischen verschiedenen Zellen und dienen dazu, deren Aktivitäten zu koordinieren. Die Arbeit wurde Ende August in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

„Bisher hat sich die Synthetische Biologie vor allem damit befasst, einzelne Zellen zu verändern“, sagt Bennett. „Aber jetzt beginnen wir, auch mehrzellige Systeme in Angriff zu nehmen. Wir wollen das Verhalten der Zellen so koordinieren, dass eine Wirkung in der gesamten Zellpopulation entsteht, ähnlich wie das bei unserem Körper der Fall ist.“

Bennett und seine Kollegen haben für ihre Studie mit gewöhnlichen Escherichia coli Bakterien gearbeitet. Nachdem sie zwei unterschiedliche genetische
veränderte Bakterienpopulationen geschaffen und miteinander vermischt haben, bildeten die Bakterien eine Gemeinschaft. Die Bakterien arbeiteten zusammen indem sie zwei gegensätzliche Aufgaben erfüllten: Ein Teil funktionierte als Aktivator, der die Expression gewisser Gene verstärkte, und der andere Teil wirkte als Repressor, der diese Gene abschaltete. Die zwei neuen Bakterienstämme sendeten Signalmoleküle aus, welche die Nachbarzellen beeinflussten und so schliesslich die Genexpression in der gesamten Bakteriengemeinschaft veränderten. Im Zusammenspiel entstanden dadurch sogenannte Oszillationen – ein rhythmisches Auf-und-Ab – der Genexpression innerhalb der Bakterienpopulation.

Bennett ist überzeugt, dass die Arbeit in seinem Labor Forschenden dabei helfen wird, besser zu verstehen wie Zellen miteinander kommunizieren; dies ist ein wichtiger Faktor in der Bekämpfung von Krankheiten. „In unserem Körper haben wir viele unterschiedliche Zelltypen - von Hautzellen über Leberzellen bis zu den Zellen der Bauchspeicheldrüse, und diese koordinieren sich alle, damit wir richtig funktionieren“, sagt er. „Unsere Zellen senden häufig kleine Signalmoleküle aus, welche von einem Zelltyp produziert werden und einen anderen Zelltypen beeinflussen. Wir nutzen dieses Prinzip, um ganz einfache Organismen wie Bakterien zu verändern und herauszufinden, ob wir ein mehrzelliges Systeme von Grund auf neu aufbauen können.“

„Eines Tages könnte es möglich sein, dass wir winzige biologische Computer schlucken, die sich durch unsere Ernährungsweise programmieren lassen“, sagt Bennett. „Eine Idee wäre ein Joghurt mit genetisch veränderten Bakterien herzustellen. Der Patient würde das Joghurt essen, und seine Ärztin könnte die Bakterien kontrollieren, indem sie die Ernährung des Patienten anpasst. Bestimmte Kombinationen von Molekülen im Essen würden die eingebauten Systeme innerhalb der synthetischen Bakterien an- oder ausschalten. Diese Systeme würden dann miteinander kommunizieren und so das Verdauungssystem verändern“.

Quelle: Text angepasst und übersetzt von der Pressemitteilung der Rice University in Texas.

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