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Chancen und Grenzen des "genome editing"

Vier deutsche Wissenschaftsorganisationen machen darauf aufmerksam, dass "genome editing" ein hohes wissenschaftliches Potential besitzt und in vielen Bereichen ethisch und rechtlich unbedenklich ist. (Bild: The Broad Institute)

Genom Editierung
Bild: The Broad Institute

Neue, häufig unter dem Begriff genome editing oder Genomchirurgie zusammen- gefasste Methoden revolutionieren der- zeit die molekularbiologische Forschung. Verfahren wie CRISPR-Cas9 ermöglichen überraschend einfache Eingriffe zur kon- trollierten Veränderung im Erbgut, die effizienter sind als die bisher verfügbaren Methoden. Dadurch werden neu dimensi- onierte Möglichkeiten für die molekular- biologische Grundlagenforschung eröff- net, insbesondere bei molekulargenetisch bisher schwer zugänglichen Organismen und für die Aufklärung wenig verstan- dener Genfunktionen. Darüber hinaus erschließt diese methodische Innovation auch die breite Anwendungsseite mit neu- en Optionen in der Pflanzenzüchtung und Biotechnologie. Auch gentherapeutische Verfahren an Körperzellen (somatische Gentherapie) bei genetisch bedingten Krankheiten des Menschen werden von den neuen Methoden voraussichtlich er- heblich profitieren. Dafür ist weiterhin zielstrebige Grundlagenforschung not- wendig und Deutschland sollte sich an dieser wichtigen Entwicklung in ihrer ge- samten Breite beteiligen sowie mit Blick auf Mensch und Umwelt die sichere und verantwortungsbewusste Anwendung des genome editing mitgestalten.

Im April 2015 haben chinesische Forscher an nicht entwicklungsfähigen menschlichen Embryonen das Potential von CRISPR-Cas9 bezüglich einer Verän- derung des menschlichen Genoms unter- sucht. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Methode für eine solche Anwen- dung bei weitem noch nicht ausgereift ist. Derartige Experimente werfen darüber hinaus erneut weitreichende soziale, ethi-
sche und rechtliche Fragen im Hinblick auf die Therapie erblicher Erkrankungen sowie die Unversehrtheit der mensch- lichen Keimbahn auf und berühren die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit. In Deutschland ist eine Intervention in die Keimbahn bzw. Verwendung veränderter Keimzellen zur Befruchtung nach § 5 des Embryonenschutzgesetzes verboten.

Die Nationale Akademie der Wis- senschaften Leopoldina, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften – acatech, die Union der deutschen Aka- demien der Wissenschaften und die Deut- sche Forschungsgemeinschaft (DFG) machen darauf aufmerksam, dass geno- me editing ein hohes wissenschaftliches Potential besitzt und in vielen Bereichen ethisch und rechtlich unbedenklich ist. Die Methoden des genome editing sind nicht automatisch mit vereinzelten poten- tiell missbräuchlichen bzw. ethisch und rechtlich noch zu bewertenden Anwen- dungen gleichzusetzen. Die DFG und die Akademien sprechen sich im Hinblick auf sämtliche Formen der künstlichen Keim- bahnintervention beim Menschen, bei der Veränderungen des Genoms an Nach- kommen weitergegeben werden können, für ein internationales Moratorium aus, um offene Fragen transparent und kri- tisch zu diskutieren, den Nutzen und po- tentielle Risiken der Methoden beurteilen zu können und Empfehlungen für zukünf- tige Regelungen zu erarbeiten. Das Mora- torium sollte aber nicht dazu beitragen, die methodische Fortentwicklung und damit die aussichtsreichen neuen Ein- satzmöglichkeiten des genome editing für die Forschung und Anwendung generell einzuschränken.

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